Eisenmangel & Eisenmangelanämie

Warum braucht der Mensch Eisen?

Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement: Es wird in nahezu jeder Zelle des Körpers benötigt. Darüber hinaus ist es als elementarer Bestandteil vieler Enzyme an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Eisen muss mit der Nahrung aufgenommen werden, da es vom menschlichen Organismus nicht selbst hergestellt werden kann. Das Eisen wird über den oberen Dünndarm in den Körper aufgenommen,bevor es an das Protein Transferrin bindet und über das Blut durch den Körper transportiert wird. Der Großteil des Eisens gelangt ins Knochenmark und wird dort zu Hämoglobin verarbeitet.1 Hämoglobin bindet den Sauerstoff im Blut und transportiert ihn durch den gesamten Körper – dorthin wo er gebraucht wird.2 

Auch bei der weiteren Verarbeitung des Sauerstoffs in den Kraftwerken der Zellen, spielt Eisen eine herausragende Rolle bei der Produktion der zelleigenen Energie dem sogenannten ATP.17 Auch der letzte Schritt der DNA-Herstellung der Zellen kann ohne Eisen nicht stattfinden. 18

Ohne Eisen wäre also die Versorgung von Organen und Gewebe mit Sauerstoff, Energie und Baumaterial für den genetischen Code nicht möglich. Überschüssiges Eisen wird für den späteren Bedarf mit Hilfe des Proteins Ferritin als sog. Speichereisen in Gewebezellen gespeichert.3

Was ist Eisenmangel?

Als Eisenmangel bezeichnet man den Zustand, wenn nicht genügend Eisen verfügbar ist, um die Bedürfnisse des Körpers zu decken.4 Eisenmangel wirkt sich auf den ganzen Organismus aus und ist die Ursache vieler klinischer Symptome und Befunde, die nahezu jedes medizinische Fachgebiet betreffen können. 4 Wird der Eisenmangel durch erhöhte Eisenaufnahme nicht behoben, sinkt die Menge der roten Blutkörperchen auf Dauer unter einen Normwert6 – man spricht von einer Eisenmangelanämie.

 

Wann spricht man von Eisenmangelanämie?

Eine Eisenmangelanämie entsteht wenn das verfügbare und gespeicherte Eisen in den Zellen unter einen Grenzwert sinken und dadurch Köperfunktionen beeinträchtigt werden. Die Eisenmangelanämie selbst ist definiert durch die Verminderung der Hämoglobinkonzentration im Blut unterhalb der Altersnorm. Durch diesen fehlt dem menschlichen Organismus das notwendige Eisen, um rote Blutkörperchen zu bilden. Als Folge ist vor allem der Sauerstofftransport zu Organen und Geweben eingeschränkt.4 Liegt der Hb-Wert unterhalb des Grenzwerts von 12 g/dl bei Frauen, 11 g/dl bei Schwangeren und 13 g/dl bei Männern, spricht man von einer Eisenmangelanämie. 6

 

Wie viele Menschen sind betroffen?

Eisenmangel ist mit rund zwei Milliarden Erkrankten weltweit die häufigste Mangelerkrankung und für etwa die Hälfte aller Anämien, also Blutarmut, verantwortlich.In der europäischen Bevölkerung liegt die Prävalenz etwa bei 7-13/1000 Personenjahren, bei Frauen, Schwangeren sowie Jüngeren und Älteren liegt sie höher19. In Deutschland entspricht dies 3 – 4 % der Bevölkerung.20

 

Wie entsteht Eisenmangel?

Ein Eisenmangel entsteht, wenn der menschliche Organismus mehr Eisen benötigt, als er aktuell zur Verfügung hat. Mögliche Ursachen sind eine unzureichende Eisenzufuhr mit der Nahrung, ein erhöhter Bedarf oder übermäßiger Verlust des Eisens.4 Zu den häufigsten Gründen für Eisenmangel zählen daher Mangelernährung oder Blutungen.7 Besonders chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verursachen wiederholte Blutungen in der geschwollenen Darmschleimhaut. Dadurch verliert der Körper im Blut gespeichertes Eisen.7

 

Eine weitere Grunderkrankung, die zu Eisenmangel führen kann, ist eine chronische Nierenerkrankung. Häufig ist die Bildung des Hormons Erythropoetin, das in der Niere gebildet wird und die Blutbildung im Knochenmark anregt, stark vermindert. Aber auch starke und langanhaltende Monatsblutungen können einen Eisenmangel verursachen. Weitere Auslöser können ein erhöhter Eisenbedarf des Körpers in der Wachstumsphase,während einer Schwangerschaft oder in der Stillzeit sein.7 Es können auch genetische Faktoren eine Rolle spielen.8

 

Wie macht sich Eisenmangel bemerkbar?

Die Art der Symptome und deren Ausprägung sind abhängig davon, wie schnell und wie schwerwiegend sich der Eisenmangel ausbildet. Folgende Symptome können auftreten und den gesamten Körper betreffen:

Kopf: Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen, Depressionen9,10

Herz: spürbarer Herzschlag (Palpitationen), schneller Herzschlag9,10

Atemwege: Kurzatmigkeit bei körperlicher Belastung10

Magen und Darm: Durchfall, Verstopfung, Verdauungsbeschwerden, Übelkeit, Appetitlosigkeit9,10

Sexualorgane: Menstruationsprobleme, Impotenz beim Mann, vermindertes sexuelles Interesse9,10

Kreislaufsystem: Blässe; Kribbeln in Beinen, Händen oder Füßen; niedrige Körpertemperatur9,10

Sonstige: Müdigkeit, Erschöpfung, eingeschränkte körperliche Belastungsfähigkeit, Schwäche, verminderte Abwehrkräfte gegenüber Krankheit und Infektionen9,10

 

Wie wird Eisenmangel festgestellt?

Bei Verdacht auf Eisenmangel sollte zunächst der Arzt oder die Ärztin aufgesucht werden. In der Praxis wird der Patientin oder dem Patienten Blut abgenommen und im Labor untersucht. Die Ergebnisse liegen dann in der Regel nach etwa einer Woche vor. Dabei werden je nach Schwere des Eisenmangels drei Stadien unterschieden: In Stadium I sind die Eisenspeicher teilweise entleert, das vorhandene Eisen reicht aber noch für die Herstellung roter Blutkörperchen (Erythropoese). In Stadium II reicht das Eisen nicht mehr aus, damit im Knochenmark neue rote Blutkörperchen entstehen können. Die Werte für das Hämoglobin – wichtig für den Sauerstofftransport – liegen aber noch im normalen Bereich. Erst wenn dieser Bereich unterschritten wird, liegt Stadium III vor – eine Eisenmangelanämie.5

 

Wie wird Eisenmangel behandelt?

Wie wird Eisenmangel behandelt?

Das Ziel der Eisenmangel-Therapie ist, den Eisenspiegel im Körper wieder zu normalisieren.11 Die Therapie besteht aus zwei Maßnahmen, die in der Regel parallel eingeleitet werden:

– Die Ursache des Eisenmangels wird behoben, etwa indem eine Therapie der Grunderkrankung eingeleitet wird (z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen).

– Eisen wird substituiert, d. h. als Medikament verabreicht.12 Abhängig von der Grunderkrankung kann ein Eisenmangel nach der erfolgreichen Behandlung jedoch erneut auftreten.

 

Eisenmedikamente können als Tablette oral eingenommen oder über die Vene direkt in das Blut verabreicht  werden. Viele Eisentabletten enthalten zweiwertiges Eisen (Eisen-II),diese Präparate sind apothekenpflichtig und haben in der Regel eine gute Wirksamkeit. Sie können in jeder Apotheke von der Patientin oder dem Patienten direkt erworben werden. Es gibt aber auch Kapseln mit dreiwertigem Eisen (Eisen-III). Dies zeichnet sich durch eine gute Verträglichkeit aus5,15, da das Eisen bis zur Aufnahme im Darm fest gebunden bleibt und so Nebenwirkungen minimiert werden können. In der Arztpraxis kann auch bei einem schwerwiegenden Eisenmangel Eisen-III als Infusion direkt gespritzt werden. Diese Präparate haben eine hohe Konzentration von Eisen, um den Hb-Wert schneller ansteigen zu lassen. .16

Die Ernährungsumstellung auf eisenreiche Kost kann als weitere Maßnahme betrachtet werden.

  

 

 

Quellen
1AbbaspourN et al. J Res MedSci2014; 19: 164–74.
2Pittman RN. Kapitel 4: Oxygen Transport. In: Regulation of Tissue Oxygenation. San Rafael (CA): Morgan & Claypool Life Sciences, 2011.
3Wallace Clin Biochem Rev. 2016 May; 37(2): 51–62.
4Cappellini MD et al. Am J Hematol 2017; 92: 1068–78.
5Schmidt C et al. Aliment Pharmacol Ther 2016; 44: 259–70.
6World Health Organization:Nutritional anaemias: tools for effective prevention and control, published November 2017. ISBN: 9789241513067
7Goddard AF et al. Gut. 2011 Oct;60(10):1309-16.
8J Res Med Sci. 2014; 19: 164–74.
9KaithaS, et al. World J Gastrointest Pathophysiol2015;6:62–72.
10NeilsenOH, et al. Medicine (Baltimore)2015;94:e963.3.
11Dignass AU, et al. J Crohns Colitis2015;9:211–22.
12Preiß JC, et al. Z Gastroenterol2014;52:1431–84.
13Singh S et al. Anal Biochem 1988; 171: 47–54.
14Singh RK et al. J Pharm Pharmacol 1990; 42: 276–79.
15Gasche C et al. Inflamm Bowel Dis 2015; 21: 579-88. 
16Onkopedia, Leitlinie Eisenmangel und Eisenmangelanämie, DGHO Berlin 2018.
17Kakhlon O, Cabantchik ZI. The labile iron pool: characterization, measurement, and participation in cellular processes(1). Free Radic Biol Med. 2002 Oct 15;33(8):1037-46. doi: 10.1016/s0891-5849(02)01006-7. PMID: 12374615.
18Structure and assembly of the diiron cofactor in the heme-oxygenase–like domain of the N-nitrosourea–producing enzyme SznF Molly J. McBride, Sarah R. Pope, Kai Hu, C. Denise Okafor, Emily P. Balskus, J. Martin Bollinger, Amie K. Boal
19Levi M, Rosselli M, Simonetti M, Brignoli O, Cancian M, Masotti A, Pegoraro V, Cataldo N, Heiman F, Chelo M, Cricelli I, Cricelli C, Lapi F. Epidemiology of iron deficiency anaemia in four European countries: a population-based study in primary care. Eur J Haematol. 2016 Dec;97(6):583-593. doi: 10.1111/ejh.12776. Epub 2016 Jun 8. PMID: 27155295.
20Eisele L, Dürig J, Broecker-Preuss M, Dührsen U, Bokhof B, Erbel R, Moebus S, Jöckel KH; Heinz Nixdorf Recall Study Investigative Group. Prevalence and incidence of anemia in the German Heinz Nixdorf Recall Study. Ann Hematol. 2013 Jun;92(6):731-7. doi: 10.1007/s00277-013-1697-1. Epub 2013 Feb 21. PMID: 23430088.